„Gestern hat mich eine Freundin angerufen“, sagt sie leichthin, als ginge es um Alltäglichkeiten, „sie haben bei ihr genau dieselbe Krankheit festgestellt, in demselben Stadium wie bei mir, als ich die Diagnose gestellt bekam – aber sie hat sich für Operation und Chemo entschieden. Ich hab’ ihr zugeraten, es ist sicher richtig, was sie tut.“
Es schwingt kein Zweifel an ihrer eigenen Entscheidung in ihrer Stimme mit, als sie fortfährt: „Sie hängt am Leben, auf diese sorgenvolle, ängstliche Weise, und sie hat zwei Kinder, da denkt man vielleicht ohnehin anders, sie ist auch etwas jünger, ich bin jetzt fünfundsiebzig.“
Keinem ihrer vielen Freunde vertraut sie sich zunächst an, sie weiß, dass niemand ihren Entschluss mittragen könnte, und sie will niemanden in Bedrängnis bringen. Eine eigene Familie hat sie nicht mehr. Nur mit ihrem Arzt spricht sie. Sie kennen sich schon lange, und ihr Blick senkt sich, ihre Wimpern zittern, als sie sagt: „Wir mögen uns“. Er ist kreuzunglücklich darüber, dass sie ihm nicht erlauben will, ihr zu helfen, weil er wirklich davon überzeugt ist, dass er Erfolg hätte.
Sie aber spürt in sich nur ein großes, helles „Ja!“ zu ihrer Entscheidung und die Bereitschaft, zu sterben, wenn es denn so sein solle. Der Arzt kann sie nicht umstimmen und stellt die düstere Prognose, dass sie ohne Behandlung nur noch wenige Monate zu leben hätte.
Und wirklich geht es ihr ein knappes halbes Jahr später zunehmend schlechter, schließlich kann sie sich nicht mehr selbst versorgen. Der Arzt besorgt ihr voller Kummer einen Platz im Hospiz. Jetzt erst informiert sie ihre Freunde und verabschiedet sich von ihnen. Noch einmal versuchen viele derer, die ihr nahestehen, sie zu einer Behandlung zu bewegen. Es sind aufregende Momente für sie, aber sie bleibt fest. Als sie im Sterbehaus eingezogen ist, überprüft sie zum letzten Mal ihre Entscheidung.
„Da war immer noch dieses „Ja“, wissen Sie, ein „Ja“ ohne Schatten, Sie wissen doch, was ich meine?, das war erst der Augenblick, in dem ich mich endgültig entschieden habe, und glauben Sie mir: ich war unendlich erleichtert danach.“
Von Tag zu Tag geht es ihr besser und als sie weitererzählt, funkeln ihre Augen: „Schließlich hab’ ich meine sieben Sachen zusammengepackt und bin nach Hause gegangen!“
Der Tumor ist wohl noch da, aber er „belästigt“ sie nicht, wie sie sagt, „ich hab’ ihn akzeptiert, und wissen Sie, was das Erstaunlichste ist: das Ganze war vor vier Jahren!“
Ihren Fernseher hat sie verschenkt und hört nur noch Radio, will sich selbst ein Bild machen von dem, was sie hört. Und überhaupt: „seitdem“ ist alles ein wenig anders: jede aufblühende Blume, jedes Lachen, jedes freundliche Wort ist wie eine Erinnerung geworden an die einsamste und für sie wichtigste Entscheidung ihres Lebens … und als sie das sagt und mich dabei anschaut, sehe ich in ihren Augen dieses helle „Ja“, und nicht den leisesten Schatten eines Zweifels.
*
Es schwingt kein Zweifel an ihrer eigenen Entscheidung in ihrer Stimme mit, als sie fortfährt: „Sie hängt am Leben, auf diese sorgenvolle, ängstliche Weise, und sie hat zwei Kinder, da denkt man vielleicht ohnehin anders, sie ist auch etwas jünger, ich bin jetzt fünfundsiebzig.“
Keinem ihrer vielen Freunde vertraut sie sich zunächst an, sie weiß, dass niemand ihren Entschluss mittragen könnte, und sie will niemanden in Bedrängnis bringen. Eine eigene Familie hat sie nicht mehr. Nur mit ihrem Arzt spricht sie. Sie kennen sich schon lange, und ihr Blick senkt sich, ihre Wimpern zittern, als sie sagt: „Wir mögen uns“. Er ist kreuzunglücklich darüber, dass sie ihm nicht erlauben will, ihr zu helfen, weil er wirklich davon überzeugt ist, dass er Erfolg hätte.
Sie aber spürt in sich nur ein großes, helles „Ja!“ zu ihrer Entscheidung und die Bereitschaft, zu sterben, wenn es denn so sein solle. Der Arzt kann sie nicht umstimmen und stellt die düstere Prognose, dass sie ohne Behandlung nur noch wenige Monate zu leben hätte.
Und wirklich geht es ihr ein knappes halbes Jahr später zunehmend schlechter, schließlich kann sie sich nicht mehr selbst versorgen. Der Arzt besorgt ihr voller Kummer einen Platz im Hospiz. Jetzt erst informiert sie ihre Freunde und verabschiedet sich von ihnen. Noch einmal versuchen viele derer, die ihr nahestehen, sie zu einer Behandlung zu bewegen. Es sind aufregende Momente für sie, aber sie bleibt fest. Als sie im Sterbehaus eingezogen ist, überprüft sie zum letzten Mal ihre Entscheidung.
„Da war immer noch dieses „Ja“, wissen Sie, ein „Ja“ ohne Schatten, Sie wissen doch, was ich meine?, das war erst der Augenblick, in dem ich mich endgültig entschieden habe, und glauben Sie mir: ich war unendlich erleichtert danach.“
Von Tag zu Tag geht es ihr besser und als sie weitererzählt, funkeln ihre Augen: „Schließlich hab’ ich meine sieben Sachen zusammengepackt und bin nach Hause gegangen!“
Der Tumor ist wohl noch da, aber er „belästigt“ sie nicht, wie sie sagt, „ich hab’ ihn akzeptiert, und wissen Sie, was das Erstaunlichste ist: das Ganze war vor vier Jahren!“
Ihren Fernseher hat sie verschenkt und hört nur noch Radio, will sich selbst ein Bild machen von dem, was sie hört. Und überhaupt: „seitdem“ ist alles ein wenig anders: jede aufblühende Blume, jedes Lachen, jedes freundliche Wort ist wie eine Erinnerung geworden an die einsamste und für sie wichtigste Entscheidung ihres Lebens … und als sie das sagt und mich dabei anschaut, sehe ich in ihren Augen dieses helle „Ja“, und nicht den leisesten Schatten eines Zweifels.
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