Wir kennen uns nur flüchtig, und er wäre sicher mit einem kurzen Gruß an mir vorübergegangen, wenn ich ihn nicht staunend ob seines edlen Sonntagsoutfits angeschaut hätte. So bleibt er kurz stehen und erklärt sich:
„Ich muss in die Kirche da hinten, Kindstaufe, kleine Familienfeier“, sagt er in einem Ton, der mir eindringlich vermitteln soll, dass er kein gewohnheitsmäßiger Kirchgänger sei, was ihm offensichtlich wichtig ist, klarzustellen.
„Ah!, ja dann wünsch' ich einen schönen Tag!“, antworte ich meinerseits in Tonfall und Gestik Verständnis bekundend für das Potenzial der Situation, in dieser Hinsicht Missverständnisse hervorbringen zu können.
Er hebt schon die Hand zum Gruß, um weiterzugehen, hält dann aber inne, nimmt die Hand wieder herunter und blickt zu Boden:
„Vielleicht“ sagt er jetzt mit einer ganz anderen Intensität, „vielleicht kann ich das aber auch nutzen, um zu beten ...“ - ich weiß nicht, ob es die Überraschung ist, dieses Wort von ihm zu hören, oder ob ich wirklich … jedenfalls kommt es mir so vor, als habe ich noch nie jemanden derart bedeutungsvoll das Wort „beten“ aussprechen hören - „meine Frau will sich von mir trennen, sie will sich scheiden lassen!“
Jetzt schaut er mir mitten ins Gesicht, und da ist nur nackte Offenheit, nichts sonst: 'Ich weiß nichts mehr, sag' Du!'
Was ist „Beten“ anderes als das! Am Ende des eigenen Begreifens nach einem Raum zu suchen, in dem wieder Antwort ist.
Für einen Moment waren wir beide in der Kirche, sozusagen, ich nicht weniger als er, im prächtigsten Dom der Welt: im Erkanntwerden und Wohlwollen eines anderen Menschen.
*
„Ich muss in die Kirche da hinten, Kindstaufe, kleine Familienfeier“, sagt er in einem Ton, der mir eindringlich vermitteln soll, dass er kein gewohnheitsmäßiger Kirchgänger sei, was ihm offensichtlich wichtig ist, klarzustellen.
„Ah!, ja dann wünsch' ich einen schönen Tag!“, antworte ich meinerseits in Tonfall und Gestik Verständnis bekundend für das Potenzial der Situation, in dieser Hinsicht Missverständnisse hervorbringen zu können.
Er hebt schon die Hand zum Gruß, um weiterzugehen, hält dann aber inne, nimmt die Hand wieder herunter und blickt zu Boden:
„Vielleicht“ sagt er jetzt mit einer ganz anderen Intensität, „vielleicht kann ich das aber auch nutzen, um zu beten ...“ - ich weiß nicht, ob es die Überraschung ist, dieses Wort von ihm zu hören, oder ob ich wirklich … jedenfalls kommt es mir so vor, als habe ich noch nie jemanden derart bedeutungsvoll das Wort „beten“ aussprechen hören - „meine Frau will sich von mir trennen, sie will sich scheiden lassen!“
Jetzt schaut er mir mitten ins Gesicht, und da ist nur nackte Offenheit, nichts sonst: 'Ich weiß nichts mehr, sag' Du!'
Was ist „Beten“ anderes als das! Am Ende des eigenen Begreifens nach einem Raum zu suchen, in dem wieder Antwort ist.
Für einen Moment waren wir beide in der Kirche, sozusagen, ich nicht weniger als er, im prächtigsten Dom der Welt: im Erkanntwerden und Wohlwollen eines anderen Menschen.
*